GESTALTE(N) 57 Magischer Ort der ErinnerungenDurch den in der Zwischenkriegszeit in die Fassade geschlagenen Haupteingang unter einem brachialen Stahlbetonvordach betrete ich neugierig das Foyer mit seinen dunklen Lamperien. Ein Blick zurück wird von Tafeln angezogen, die stolz darüber informieren, welche Sportarten hier einst ausgeübt wurden. Golf, Tennis, Reiten, Skilauf, Bobfahren – um nur einige zu nennen. Obwohl ich weiß, dass der letzte Betrieb des Hauses schon mehr als 50 Jahre zurückliegt, will sogleich der Eindruck aufkommen, dass jeden Moment ein livrierter Portier auf der Bildfläche erscheinen wird. Zögernd folge ich meinem Führer, einem langjährigen Angestellten, der mich durch das Haus begleiten soll.Es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis über die leise knirschenden Parkettböden zu gehen, über die einst die Hautevolee der Habsburg-Mo-narchie und Künstler wie Stefan Zweig, Gustaf und Alma Mahler, Arthur Schnitzler oder Peter Altenberg schritten... Für Vertreter des Wiener Fin de Siècle bot das Grandhotel eine zauberhafte luxuriöse Bühne, einge-bettet in eine malerische Naturlandschaft. Beeindruckend die großen Säle im Erdgeschoß – hier aß und trank man, plauder-te diskret oder unterhielt sich bei Bällen und Konzerten. Wie außen, ist auch im Inneren alles monumental. Die prächtigen Luster und Gemälde, die großen Fensterflächen, die noch im-mer sanft schwingenden Türen und breiten Treppen. Ja, und natürlich die Terrassen, mit ihrem phantastischen Ausblick. Bei gutem Wetter sieht man bis an den Neusiedlersee, auf der anderen Seite direkt ins Rax-Schneebergmassiv hinein.Auch die Betriebsräume sind gigantisch. Küchen bestimmt an die sieben Meter hoch. Schließlich mussten ja Speisen für hunderte Menschen bereitet werden. Das dampft, das dünstet. Für Fischgerichte gab‘s deswegen eine eigene Küche...Über eine der vielen Treppen geht es zu den großzügigen Zimmern in den ersten Stock, denn der Aufzug aus den 50er-Jahren des vergange-nen Jahrhunderts ruht. Bäder und WCs gab es auf den Gängen jeweils zwischen zwei Räumen. Die Verbindungstüren konnten von jeder Seite versperrt werden. In der Belétage im zweiten Stock hatten alle Zimmer ihr eigenes Bad und meist einen eigenen Balkon. Ich halte inne, und höre einen Moment lang im leeren Haus auf die Betriebsamkeit, das pulsierende Lebens von damals...Schönheit im DornröschenschlafWieder im Freien, wirkt das Grandhotel auf mich unwirklich, wie aus der Zeit gefallen. Es ist aber ganz real und sogar zu erwerben, wenn man über die nötige Fortune verfügt – wie mir Edgar Bauer, der diese Immobilie betreut, versichert. 18.000 m2 verbaute Fläche auf 33.000 m2 Grund sind beeindruckende Zahlen. Die schlafende Diva hat zweifellos Potenzial. Wie könnte es weiterge-hen, frage ich den Bür-germeister der Gemein-de, Horst Schröttner. Ihn verbinden ganz persön-liche Erlebnisse mit dem Hotel. Seine Mutter war 36 Jahre lang Hotelangestellte, er selbst ver-brachte viel Zeit hier, lernte im Hotelbad das Schwimmen und genoss mit seinen Kameraden die dazugehörigen Parkanlagen und Gärten. „Es wäre eine Bereicherung und Stärkung für die ganze Region, dieses Hotel wieder stärker zu nutzen, meint er. Ob kulturgeschichtlich oder touris-tisch, eingebettet in eine Erlebnislandschaft. Gerade im Hinblick auf den Semmeringbasistunnel in den der Hauptverkehr auf der Südbahn schon bald ausgelagert werden soll. Zum Weltkulturerbe Semmering-bahn gehört schließlich auch das Südbahnhotel mit seiner glanzvollen Geschichte.“Sollte nun Ihr Interesse an diesem reizvollen Gebäudeerwacht sein, so sehen Sie selbst! Der Kultursommer Semmering bietet dazu die Möglichkeit:https://www.kultursommer-semmering.at/