LUISENMÜHLE IM KREUTTAL

Die romantisch gelegene Luisenmühle wüsste gewiss vieles zu berichten, könnte man ihr Gemäuer, das schon das Barockzeitalter erlebt hat, zum Erzählen bringen,
2C4A9467
2C4A9371

Luisenmühle im Kreuttal

Geschichten von Mühlen haben als Stoff von Märchen oder Sagen eine lange Tradition. Die romantisch gelegene Luisenmühle im Kreuttal wüsste gewiss auch vieles zu berichten, könnte man ihr Gemäuer, das schon das Barockzeitalter erlebt hat, zum Erzählen bringen

Das gute Ende vorweg: Heute erblüht das historische Bauwerk unter der Ägide der Familie, deren Wappen es an seiner schmalen Front trägt, mitsamt seinem sorgsam angelegten Garten in voller Pracht.

Im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts von Graf Breuner errichtet, bildete die Luisenmühle, die ihren Namen einer Ludovica verdankt, gemeinsam mit anderen Theresianischen Hofmühlen des Kreuttals ein Versorgungsnetzwerk entlang des Russbaches. Diesen widmet sich die Publikation „Mühlen im Weinviertel“ von Anton R. Bodenstein und Carl Philipp Hohenbühel in einem eigenen Unterkapitel mit besonderem Augenmerk auf die Luisenmühle, die bis ins späte 19. Jahrhundert in Betrieb war. Das ursprünglich nordseitig positionierte Mühlrad ist nicht mehr erhalten. „Es stand an der Rückseite des jetzigen Zwiebelturms und wurde oberschlächtig von einem eigenen Mühlkanal aus der zwei Kilometer bachaufwärts gelegenen Wannerer-Mühle angetrieben“, erklären Bodenstein/Hohenbühel. Im Jahr 1884 übernahm Familie Hardegg das Besitztum. Eine Ansichtskarte aus der Topographischen Sammlung der Niederösterreichischen Landesbibliothek aus dem Jahr 1904 (Inv.Nr. 1266 015-a) zeigt den Zustand in einer Fotografie von M. Heß. Zu diesem Zeitpunkt betrieb der Pächter „Hans Pells Restauration Louisenmühle“. Erzählungen zufolge wurde der ursprüngliche Mühlenraum als Tanzboden genutzt. Die pittoreske Lage trug zur Etablierung als Ausflugsdestination das Ihre dazu bei. Die Abbildung dokumentiert auch, dass ein markanter Gebäudeteil noch nicht errichtet war: der Turm mit Zwiebelhelm, der dem Anwesen seit 1914 eine herrschaftliche Note verleiht. Doch was könnte den Ausschlag für den Bau eines solchen historisierenden Addendums gegeben haben? Eine schlüssige Erklärung liefert Eleonore Hardegg. Man dürfe nicht außer Acht lassen, welche Inspiration zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Burg Kreuzenstein ausging, die Graf Wilczek in unmittelbarer Nähe als museale Komposition in ein Glanzlicht historisierenden Geschichtsbewusstseins verwandelt hatte.

Ab dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts verfiel die Luisenmühle zunehmend und wurde in den 1960er Jahren von Franz Chadim erworben, der sie renovierte und mit seiner Sammlung von Antiquitäten ausstattete. Doch wie bei historischen Gebäuden verbreitet, setzte umgehend der Verfall ein, als die ständige Pflege ausfiel. Nach dem Rückkauf des Hauses durch Familie Hardegg entstanden ab 2005 im Zuge einer umfassenden Sanierung drei Wohneinheiten zwischen 150 und 300 m2. Die Größte wird von einer der Töchter des Hauses, Luise, einer profilierten Künstlerin, und ihrer Familie ganzjährig als Wochenendsitz genutzt. Ein Jahr wurde geplant, ein Jahr umgesetzt. Das Motto: „Man wächst mit der Aufgabe“. Der Umbau erfolgte in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, dabei wurden Lösungen gefunden, die den Charakter des Gebäudes unterstreichen, wie etwa der Einsatz zierlicher Gaupen zur Harmonisierung der omnipräsenten Wirkung der weitläufigen Dachflächen. Barockkamine schmücken weiterhin das Satteldach. Eternit wurde gegen Ziegel getauscht und im Innenraum setzte man auf Material mit Original-Patina wie etwa bei den Holzböden. Das L-förmige Bauwerk mit Fensterachsen, die sich bewusst keiner strengen Symmetrie beugen, zeigt seine Hauptansicht straßenseitig mit einer Fassade, die im Zeitraum 1760 bis 1780 entstanden sein dürfte, also rund 100 Jahre nach der Erbauung. Eine Beschreibung aus dem Eintrag in „Burgen und Schlösser in Niederösterreich. Vom Bisamberg bis Laa/Thaya“ von Rudolf Büttner und Renate Madritsch verdeutlicht die außergewöhnliche Formgebung der Luisenmühle. Deren Schmalseite wird „durch einen geschwungenen, in Voluten auslaufenden Ziergiebel mit Rundokulum besonders betont“. Schon in der römischen Antike stand das Rundfenster als „Oculus“ für „Auge“. An der Stirn positioniert, wird diesem in Mythen magische Kräfte zugeschrieben. Möge es die zauberhafte Mühle beschützen.

Autorin: Dr. Theresia Hauenfels
Fotos:     Romana Fürnkranz
Drohne: Christoph Bertos