WIRTSHAUS FRANZ JOSEPH

in Obermarkersdorf bildet nicht nur den Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft, sondern zieht auch zahlreiche Gäste an.
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KAISERLICH SPEISEN | Wirtshaus Franz Joseph

Ein weiteres Dorf ohne Wirtshaus? Nicht in Obermarkersdorf! Mit einem außergewöhnlichen Projekt hat die Stadtgemeinde dem Wirtshaussterben in Niederösterreich erfolgreich die Stirn geboten. Das „Franz Joseph Wirtshaus“ bildet nicht nur den Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft, sondern zieht auch zahlreiche ortsfremde Gäste an.

Begonnen hatte alles mit der Idee, die beiden Kindergärten der Stadtgemeinde Schrattenthal zusammenzulegen. Jeder Kindergarten für sich war zu klein, man entschied sich für einen Neubau an einem anderen Standort. „Wir konnten mit dieser Entscheidung gleichzeitig die Chance nutzen, das Angebot an Kinderbetreuung für die Eltern attraktiver zu gestalten, indem wir dort nun eine ganztägige Betreuung besser anbieten können.“, erklärt Bürgermeister Stefan Schmid.

Was allerdings tun mit dem Leerstand, der mitten im Ortszentrum von Obermarkersdorf liegt, integriert in einen denkmalgeschützten Vierkanthof, in dem sich auch das Gemeindeamt und ein Veranstaltungsraum befinden? Das Dorfzentrum sollte belebt werden, die Dorfgemeinschaft wieder einen Mittelpunkt bekommen. Die Conclusio: Es braucht ein Gasthaus!

Wirtschaftlichkeit gefragt
Eine Studie der Architekten Oberstaller & Sammer zeigte deutlich, dass eine Nutzung der Räumlichkeiten des ehemaligen Kindergartens als Wirtshaus aufgrund der Wirtschaftlichkeit nur mit einem Zubau funktionieren könnte. Eine Verbindung zum bestehenden Veranstaltungsraum würde für den Betreiber / die Betreiberin des Gasthauses zusätzlich Attraktivität schaffen. Mit dem aus Obermarkersdorf stammenden Michael Fabich, der als Kleinkind selbst den Kindergarten besucht hatte, konnte bereits im Vorfeld der künftige Pächter gefunden werden. Nachdem Fabich in Kitzbühel 7 Jahre Gastronomieerfahrung gesammelt hat, ist er nun in seinen Heimatort zurückgekehrt und konnte bereits in der Planungs- und Umsetzungsphase seine gastronomischen Kenntnisse konstruktiv einbringen.

Im Altbestand sind heute „Gastraum 1“, Küche, Schank und WC-Anlagen untergebracht, der Haupteingang erfolgt über den Zubau, in welchem der „Gastraum 2“ mit großen Glasfronten in Kombination mit Holz ein helles, freundliches Ambiente bietet. Den wunderschönen Gastgarten neben der überdachten Terrasse säumen am Platz zwei 100 Jahre alte Linden und eine genauso alte Büste von Kaiser Franz Joseph, der dem Lokal auch seinen Namen gab.

Behutsam integriert
Oberstaller und Sammer entschieden sich beim Zubau für einen Holzbau in Leichtbauweise, der im Zusammenspiel mit dem denkmalgeschützten Gebäudekomplex als eigenständiges Element gesehen wird. „Wir wussten, wir müssen versuchen einen sich baulich von der historischen Architektur des Altbestandes abhebenden Zubau zu entwickeln. Dieser sollte sich jedoch in das Ortsbild harmonisch einfügen und gleichzeitig allen Anforderungen eines Gastronomiebetriebes entsprechen“, erklärt Christophe Oberstaller den Entwurf und ergänzt: „Wir hatten die Besonderheit dieses Platzes erkannt, und es war klar, trotz Zubau muss die Qualität dieses Ensembles erhalten bleiben.“ Die vorvergrauende Lasur an der Holzfassade des Zubaus fügt sich dezent in das üppige Grün und die Fassaden der alten Häuser rund um den Platz ein. Mobile Einrichtungselemente ermöglichen bei Bedarf eine optische Trennung der beiden Gasträume und damit dem Wirt weitere Optionen und den Gästen Privatsphäre.

Gutes Essen, feine Gäste
Am 1. September 2023 wurde das Wirtshaus nach nur 6 Monaten Bauzeit eröffnet. Michael Fabich führt ein junges Team, die meisten kommen aus dem Ort, aus der Umgebung oder aus der Tourismusschule Retz. Nach 7 Monaten gab es die erste Falstaff Auszeichnung. „Einheimische nehmen das Gasthaus sehr gut an, und auch der Tourismus nimmt wieder stark zu. Die Leute bleiben länger in der Gegend, da ist es wichtig, ein Gasthaus zu haben, wo man gute Weine verkosten und gut essen kann“, freut sich Bürgermeister Schmid.

Ein Teil der alten Garderobe des Kindergartens ist im Original als dekoratives Element im Altbau erhalten geblieben. Die Fotos zeigen 3 Kindergarten-Generationen:  Viele der bei diesem Projekt handelnden Personen finden sich auf den Fotos wieder. Ihr ehemaliger Kindergarten lebt als ihr neues Wirtshaus wieder auf.

Eigentümer: Stadtgemeinde Schrattenthal
Planung: Oberstaller & Samer-Architekten
Autorin: Susanne Haslinger
Fotos: Romana Fürnkranz
Drohne: Christoph Bertos