DOPPELT LÄSSIG

Architekt Franz Schartner baute einen alten Dreiseithof zum großzügigen, lässigen Lebensort für eine Familie um
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DOPPELT LÄSSIG | Mit Tonstudio und Loft

In Gobelsburg im Kamptal baute Architekt Franz Schartner einen alten Dreiseithof zum großzügigen, lässigen Lebensort für eine Familie um. Die Bauherren sind Profimusiker. Das ehemalige Presshaus wurde zur loftartigen Wohnküche, im Trakt gegenüber befinden sich im einstigen Stall das Tonstudio und der Proberaum.

Gobelsburg ist ein sehr idyllischer Ort. Das Straßendorf entwickelt sich von der Gobelsburg entlang der Wein- und Schlosstraße westwärts. Gemeinsam nehmen sie den Bach in ihre Mitte, der sich in einem Erosionsgraben offen durch das Dorf schlängelt. Die Schloßstraße liegt quasi in der Böschung des Bachbetts. Die Bauern gruben ihre Keller ins Gelände und setzten die Gebäude an die Straße nach vor. Die Keller sind so direkt vom Hof aus begehbar.

Der alte Dreiseithof hat zwei Flügel, die durch das Einfahrtstor und den leicht trapezförmigen, etwa 22 Meter langen und 13 Meter breiten Innenhof zum Ganzen verbunden sind. Die Zufahrt liegt an der Straße im Süden, im westlichen, u-förmigen Gebäudetrakt wand sich eine Wohnung mit drei straßenseitigen Zimmern, Küche, Vorraum und Bad ums Eck, darauf folgten hofseitig der Stall, ein Lagerplatz und quergestellt der Gemüsekeller im Hang.

Vertrauen in den Bestand
Der Hof wirkte auf den ersten Blick ruinös. „Das Presshaus war eine Lehmhöhle“, erinnert sich der Bauherr. Seine Frau und er hatten bereits einen Winzerhof bewohnt und waren längst der Bautypologie verfallen. Er ist Profimusiker, sie Profimusikerin, die zwei Hoftrakte boten ihnen die perfekte Balance zwischen Arbeiten und Wohnen. Sicherheitshalber nahmen sie Architekt Franz Schartner zur Besichtigung mit. Der blieb erstaunlich gelassen und riet ihnen zum Kauf. „Das Haus hatte eine gut geeignete Anordnung der Baukörper,“ sagt er. „Zum Wohnen und Arbeiten war es perfekt.“ Ersteres an der Abend-, zweiteres an der Morgensonne.

Im östlichen Trakt gab es straßenseitig eine Einliegerwohnung, gefolgt von Traktorgarage, Presshaus und einem Weinkeller, der sich gute 25 Meter in den Hang fraß. Nur einzelne Gurte sind ziegelgewölbt, dazwischen genügte stabiles Erdreich. Der Boden im Presshaus war gestampft, die Wand hatte große Löcher und die Deckenbalken hingen durch.

Im westlichen Trakt zog die Familie provisorisch ein, während gegenüber ihr künftiges Domizil saniert und umgebaut wurde. Sie ertrug stoisch kalte Winter voll Baustellenlärm, dann kam die Rochade und man baute das Studio ein. „Ich hatte eine Freundin aus Deutschland da, die konnte es nicht fassen“, erzählt die Bauherrin. „Ich vertraute einfach darauf, dass es gut würde“.

Mit Maß und Ziel
Der Architekt sanierte das Haus mit Maß und Ziel. Man erhielt, was gut und tat, was nötig war. Die originale Dachdeckung mit Wiener Taschen blieb, die Deckenträme wurden verstärkt. Den alten Mauern ersparte man den Vollwärmeschutz, nur die straßenseitigen, kalten Plastikfenster bekamen fünf cm starke Dämmstofffaschen verpasst. Das reicht völlig und sieht gut aus.

Im Presshaus mussten die hangseitige Wand in Stahlbeton erneuert und die alten Mauerpfeiler mit neuen Fundamenten unterfangen werden. Das war nötig, um das Gelände des Hofes einen Meter abzuböschen, damit der nunmehrige Wohntrakt barrierefrei nutzbar ist. Hangseitig mauerte man Schlafzimmer und Bad ab, die einstige straßenseitige Einliegerwohnung wurde zum kindlichen Reich, für Autonomie in der Adoleszenz ist schon vorgesorgt, auch eine Pflegekraft könnte hier wohnen.

Naturgrauer, flügelgeglätteter Zementestrich mit Fußbodenheizung, eine Dämmung aus Zelluloseflocken in der Decke, Lehmputz an den Wänden und hohe Glasschiebetüren auf die Terrassen im Hof: Das frühere Presshaus ist nun ein Loft zum Kochen, Wohnen, Essen. Von dem Rücksprung des schmäleren Wohntrakts profitiert die Terrasse, sie schmiegt sich windgeschützt an die Schiebetür vor dem großen Esstisch in der Küche in sattem Dunkelrot, die mit einem Höhensprung räumlich in den Wohnbereich übergeht. Auch hier gibt es Doppeltüren ins Freie. Ihre Pendants finden sich gegenüber – vor Tonstudio und Proberaum im ehemaligen Stall. Der Hof wurde entsiegelt, begrünt und ist nun voll Klang, Luft und Leben.

„Sämtliche Tiere fühlen sich hier wohl“, sagt die Bauherrin. „Es ist ein Vogelparadies.“ Auch Pudel Willy flitzt selig herum. Wenn die Dame des Hauses von der Küche im Wohntrakt über den Hof schaut, sieht sie oft das Licht brennen und ihren Mann am Klavier sitzen. „Besser kann ich es mir nicht vorstellen“.

Eigentümer: Privat
Planung: Architekt Mag. arch. Franz Schartner
Autorin: DI Isabella Marboe
Fotos: Romana Fürnkranz